In der letzten Zeit häufen sich Vorfälle, wo Zollbehörden den Zollwert der zu importierenden Waren um den Betrag der Royaltys korrigieren, die ein Unternehmen an den ausländischen Rechtsinhaber für das Warenzeichen bezahlt, der auf die Waren aufgetragen ist (oder später aufgetragen wird). Das kann unter anderem eine Nachrechnung von Zollgebühren wie z.B. der „Einfuhrmehrwertsteuer“ sowie eine Heranziehung zur administrativen Verantwortung zur Folge haben.
Diese Risiken basieren auf Regelungen im Unterpunkt 7 Ziff. 1 Art. 40 des Zollgesetzbuches der Euroasiatischen Wirtschaftsunion. Gemäß diesem Unterpunkt werden bei der Bestimmung des Zollwertes der zu importierenden Waren anhand des Vertragspreises zu dem Preis, der für diese Waren de facto bezahlt wurde oder zu zahlen ist, Lizenzgebühren und weitere ähnliche Zahlungen für die Nutzung der Objekte des geistigen Eigentums hinzugerechnet, einschließlich Royaltys in der Höhe, die in dem für diese Waren de facto bezahlten oder zu zahlenden Preis nicht enthalten ist. Gerade aus diesem Grund sind in der letzten Zeit viele Gesellschaften mit der Tatsache konfrontiert, dass der Zollwert von Zollbeamten korrigiert wird. In der Rechtsprechung gibt es dafür zahlreiche Beispiele. In den meisten Fällen ergehen Urteile zugunsten der Zollbehörden.
Gemäß der bestehenden Rechtsprechung im Obersten Gerichtshof der RF und im Obersten Arbitragegericht der RF (nachstehend auch WAS RF) sind Lizenzgebühren für die Nutzung der Objekte des geistigen Eigentums bei der Ermittlung des Zollwertes zu berücksichtigen (Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs der RF vom 17.02.2021 Nr. 310-ЭС20-23536 in Sachen Nr. А23-7331/2019, vom 19.06.2017 Nr. 305-КГ17-2951 in Sachen Nr. А40-228733/15, vom 21.03.2016 Nr. 307-КГ15-14266 in Sachen Nr. А56-53020/2014, des Obersten Gerichtshofs der RF vom 12.03.2015 in Sachen Nr. 307-КГ14-427, А56-31657/2013, des Obersten Gerichtshofs der RF Nr. 305-КГ14-78 in Sachen Nr. А40-17523/2013-147-164, Beschluss des Obersten Gerichtshofs der RF vom 21.03.2016 Nr. 307-КГ15-14266 in Sachen Nr. А56-53020/2014, des Obersten Arbitragegerichts der RF vom 08.11.2013 Nr. ВАС-15095/13 in Sachen Nr. А17-5240/2012, WAS RF vom 07.03.2013 Nr. ВАС-2316/13 in Sachen Nr. А40-139377/10-148-926).
Wenn also ein russischer Importeur Waren einführt, die danach unter einer bestimmten Handelsmarke verkauft werden, und dabei im Zollwert der Waren keine Lizenzgebühren berücksichtigt, entsteht ein hohes Risiko dafür, dass Zollbeamte Zollabgaben und eine „Einfuhrmehrwertsteuer“ nachrechnen werden (beim Bestehen der oben genannten Voraussetzungen). Hier spielt es keine Rolle, wer genau der Markeninhaber ist: der ausländische Warenlieferant oder eine andere Person.
Es gibt hier aber einen sehr wichtigen Aspekt: Royaltys sind bei der Ermittlung des Zollwertes allein in dem Falle zu berücksichtigen, wenn folgende Bedingungen in ihrer Ganzheit eingehalten werden (Ziff. 17 des Plenarbeschlusses des Obersten Gerichtshofs der RF vom 26.11.2019 Nr. 49):
– Lizenzgebühren beziehen sich auf zu importierende Waren und Sachwerte;
– die Bezahlung der Lizenzgebühren steht im Zusammenhang mit dem Erwerb von Waren und Sachwerten.
In der „Richtlinie über die Hinzurechnung von Lizenzgebühren und ähnlichen Zahlungen für die Nutzung der Objekte des geistigen Eigentums zum Preis, der für die zu importierenden Waren de facto bezahlt wurde oder zu zahlen ist“, genehmigt durch die Empfehlungen des Kollegiums der Euroasiatischen Wirtschaftskommission vom 15.11.2016 Nr. 20 (nachstehend Richtlinie), werden ausführliche Erklärungen und Beispiele angeführt. In Ziff. 9 der Richtlinie ist festgehalten, dass bei der Prüfung, ob die Zahlung von Royaltys mit dem Erwerb der Waren verbunden ist, die Tatsache zu berücksichtigen ist, dass der Verkäufer keine Möglichkeit hat, die zu importierenden Waren ohne Bezahlung von Lizenzgebühren zu erwerben. Ein solcher Hinweis ist ausschlaggebend. Zusätzlich wird darauf verwiesen, dass die Entscheidung darüber, ob die Zahlung von Royaltys mit dem Erwerb der Waren verbunden ist, in allen Fällen anhand einer eingehenden Analyse aller Begleitfaktoren und Umstände beim Verkauf und Import dieser Waren zu treffen ist. Als solche Faktoren und Umstände können folgende betrachtet werden:
– im Vertrag über die Warenlieferung sind Bestimmungen vorhanden, die die Zahlung von Lizenzgebühren betreffen;
– im Lizenzvertrag sind Bestimmungen vorhanden, die den Verkauf der zu importierenden Waren betreffen;
– im Vertrag über die Warenlieferung und (oder) im Lizenzvertrag gibt es Bestimmungen über die Möglichkeit einer Vertragskündigung in dem Falle, wenn der Käufer (Lizenznehmer) dem Rechtsinhaber keine Royaltys zahlt;
– im Lizenzvertrag gibt es eine Bestimmung, welche dem Produzenten (Verkäufer) verbietet, die unter Benutzung der Objekte des geistigen Eigentums des Rechtsinhabers entwickelten Waren herzustellen und (oder) dem Käufer zu verkaufen, ohne an den Rechtsinhaber eine entsprechende Vergütung zu zahlen;
– im Lizenzvertrag gibt es eine Bestimmung, welche dem Rechtsinhaber erlaubt, eine solche Kontrolle über die Herstellung der Waren oder deren Verkauf durch den Produzenten (Verkäufer) an den Käufer (Warenverkauf für die Ausfuhr in das Zollgebiet der Union) durchzuführen, die über die Grenzen einer Qualitätskontrolle hinausgeht.
Wir sehen, dass hier wirklich viele Faktoren zu beachten sind, was Unternehmen gute Chancen auf ein Gerichtsurteil zu ihren Gunsten bietet.
In der Rechtsprechung gibt es Beispiele für positive Gerichtsbeschlüsse für Unternehmen:
– die Entscheidung des Arbitragegerichts im Bezirk Wolgo-Wjatskij vom 12.04.2021 Nr. Ф01-1145/2021 in Sachen Nr. А43-12164/2020 (durch die Verfügung des Obersten Gerichtshofs der RF vom 30.06.2021 Nr. 301-ЭС21-9595 wurde die Übergabe der Sache zur Revision abgewiesen);
– die Entscheidung des Arbitragegerichts im Bezirk Nordwesten vom 25.06.2020 Nr. Ф07-6006/2020 in Sachen Nr. А56-64382/2018.
Dementsprechend kann man in jeder konkreten Situation erst nach einer kompletten Analyse der vorliegenden Dokumente über Risikobewertung und Gerichtsaussichten sprechen.
Für die Lösung der Frage, ob Royaltys in den Zollwert der zu importierenden Waren und Sachwerte einzuschließen sind, bieten die in der Anlage zur Richtlinie angeführten praktischen Beispiele eine effektive Hilfe. Dort gibt es Beispiele nicht nur für Weiterverkäufer von Waren, sondern auch für jene Gesellschaften, die in die RF Rohstoffe oder Komponenten mit aufgetragenem Warenzeichen importieren, um diese bei der Herstellung von Fertigerzeugnissen einzusetzen, die ebenfalls mit demselben Warenzeichen markiert werden (Beispiele 5, 6, 7 und 10 im Abschnitt I der Richtlinie). Dabei ist der Zollwert der Rohstoffe in manchen Fällen mit Berücksichtigung von Royaltys zu bilden (Beispiel 7 im Abschnitt I der Richtlinie), in anderen Fällen aber ohne Berücksichtigung von Royaltys (Beispiele 5, 6 und 10 im Abschnitt I der Richtlinie).
Die Rechtsprechung, die Produktionsunternehmen betrifft, ist widerspruchsvoll, denn in jedem konkreten Fall sind, wie oben bereits erwähnt, alle vorhandenen Faktoren in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen. So wurde zum Beispiel im Beschluss des Arbitragegerichts im Bezirk Wolga vom 07.07.2020 Nr. Ф06-63000/2020 in Sachen Nr. А57-20607/2019 (durch die Verfügung des Obersten Gerichtshofs der RF vom 02.11.2020 Nr. 306-ЭС20-16846 wurde die Übergabe der Sache zur Revision abgewiesen) der Streit zu Gunsten der Zollbeamten entschieden. Im Beschluss des Arbitragegerichts im Bezirk Wolgo-Wjatskij vom 26.10.2020 Nr. Ф01-12928/2020 in Sachen Nr. А43-49692/2019 (durch die Verfügung des Obersten Gerichtshofs der RF vom 15.02.2021 Nr. 301-ЭС20-23819 wurde die Übergabe der Sache zur Revision abgewiesen) wurde der Streit allerdings zu Gunsten der Organisation entschieden.
Wir verweisen zudem darauf, dass als Grund für die Erhöhung des Zollwertes nicht nur Lizenzgebühren sondern auch andere Beträge wie zum Beispiel Dividenden betrachtet werden können. Und dies ungeachtet dessen, dass in Ziff. 9 Art. 39 des Zollgesetzbuches der Euroasiatischen Wirtschaftsunion direkt formuliert ist, dass „der Preis, der für die zu importierenden Waren de facto bezahlt wurde oder zu zahlen ist, betrifft Waren, welche durch die Zollgrenze der Union transportiert werden, weshalb die vom Käufer an den Verkäufer überwiesenen Dividenden oder sonstige Zahlungen, wenn diese mit den zu importierenden Waren in keinem Zusammenhang stehen, in den Zollwert der zu importierenden Waren nicht eingeschlossen werden“.
Demzufolge sind Dividenden im Zollwert allein in dem Fall nicht zu berücksichtigen, wenn sie mit den zu importierenden Waren in keinem Zusammenhang stehen. Sollten Zollbehörden einen Zusammenhang zwischen den ausgeschütteten Dividenden und den zu importierenden Waren festgestellt haben, können sie Zollabgaben ausgehend von einem um den Dividendenbetrag erhöhten Zollwert nachrechnen. Solche Präzedenzfälle kommen in der Praxis bereits vor.
Ferner gibt es in dieser Hinsicht eine spezielle Erklärung des russischen Finanzministeriums, wo es heißt: falls ein russischer Käufer Außenhandelseinkäufe bei einem alleinigen ausländischen Kontrahenten tätigt, der dabei als Alleinaktionär dieses Käufers auftritt, sind die an den Verkäufer bezahlten Dividenden faktisch von einem Einkommen nicht zu unterscheiden, das infolge des Weiterverkaufs erwirtschaftet und im Zollwert zu berücksichtigen ist. Die Rechtsprechung zu diesem Thema ist im Unterschied zu Lizenzgebühren zahlenmäßig klein. Die von uns gefundenen Entscheidungen sind zugunsten der Organisationen ergangen (siehe zum Beispiel die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der RF vom 07.04.2021 Nr. 307-ЭС21-2873 in Sachen Nr. А56-137218/2019).
Falls Zollbehörden Zollabgaben nachgerechnet haben und die Organisation diese nicht anfechten will, entsteht die Frage, wo die nachgerechneten Beträge zu verbuchen sind. Wenn es um Zollabgaben geht, sind sie unter gewinnsteuerlich wirksamen Aufwendungen auszuweisen (Schreiben des Finanzministeriums der RF vom 27.11.2019 Nr. 03-03-06/1/92034). Den nachgerechneten Betrag der „Einfuhrmehrwertsteuer“ kann die Organisation zum Abzug annehmen (geltend machen). Das Recht auf Abzug entsteht in der Veranlagungsperiode, wo die Nachzahlung der „Zollmehrwertsteuer“ auf Basis des korrigierten Zollwertes stattgefunden hat (Ziff. 2 Art. 171 SGB RF, Schreiben des Finanzministeriums der RF vom 25.07.2011 Nr. 03-07-08/239, Brief der Verwaltung des Ministeriums der RF für Steuern und Abgaben für die Stadt Moskau vom 07.07.2003 Nr. 24-11/36764). Die Mehrwertsteuer, die auf Basis des korrigierten Zollwertes nachgezahlt wurde, ist im Einkaufsbuch für jenes Quartal auszuweisen, in welchem die Nachzahlung erfolgt ist. Dabei gilt die allgemeine Regel, nach welcher der Mehrwertsteuerabzug auf spätere Quartale innerhalb von drei Jahren nach der Annahme zur Buchung der vom Steuerpflichtigen in der RF erworbenen Waren vorgetragen werden kann (Ziff. 1.1 Art. 172 SGB RF).
Zum Schluss möchten wir betonen, dass wir bereit sind, Ihre Verträge auf eventuelle „Zollrisiken“ zu analysieren und ein Zollaudit durchzuführen. Die Anfrage zu dieser Leistung können Sie an info@sterngoff.com richten und als Betreff bitte „Zollaudit“ angeben.
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